PFLEGERATGEBER ZENTRALER VENENKATHETER (ZVK)
EINFÜHRUNG
Dieser Pflegeratgeber richtet sich im Einklang mit den Zielen der Stiftung NOAH speziell an die Eltern und Betreuer von Kindern mit einem zentralen Venenkatheter (ZVK) und somit einem zentralen Zugang zum Blutkreislaufsystem.
Obwohl der Großteil der hierin enthaltenen Informationen für Menschen aller Altersgruppen relevant sein dürfte, kann es Unterschiede zwischen Kinder- und Erwachsenenpflege geben, zumal, wenn es um die Pflege Frühgeborener oder Säuglinge geht. Pfleger erwachsener Patienten sollten daher unbedingt auch alternative Informationsquellen zu Rate ziehen, um festzustellen, ob ihnen gegebenenfalls weitere Optionen offen stehen.
Dieser Ratgeber ist nach Rücksprache mit qualifizierten Fachleuten erstellt worden. Es ist jedoch leider nicht auszuschließen, dass sich Fehler eingeschlichen haben könnten oder die hierin empfohlenen Behandlungen und Pflegemaßnahmen für Ihr Kind nicht geeignet sind, denn die Situation jedes Kindes ist einzigartig. Sie sollten daher bei allen therapeutischen Entscheidungen im Interesse Ihres Kindes unbedingt Ihren behandelnden Arzt oder eine andere qualifizierte Fachkraft konsultieren.
HINTERGRUND
Normalerweise bekommen es die meisten Kinder im Laufe ihres Lebens, wenn überhaupt, mit sogenannten peripheren Zugängen zu tun. Dabei wird ein kleiner Katheter zum Beispiel in eine Hand- oder Armvene, im Kinderbereich auch oft an oberflächlichen Venen am Kopf und am Fuß eingeführt, um Medikamente oder In fusionen intravenös zuzuführen. Diese Art von Zugängen wird oft bei kurzfristigem Therapiebedarf mit nicht venenreizenden Mitteln eingesetzt.
Es gibt bei Kindern jedoch auch Situationen, Erkrankungen oder funktionale Beeinträchtigungen, die intravenöse Behandlungen über einen längeren Zeitraum nötig machen.
Manchmal ist es auch unabdingbar, dem Körper venenreizende Infusionen oder Medikamente zuzuführen, wie z.B. Zytostatika, die während einer Krebstherapie verabreicht werden, oder künstliche Nahrung im Rahmen einer längerfristigen Ernährungstherapie bei Patienten, die auf dem normalen Weg über Mund und Verdauungstrakt nicht ausreichend ernährbar sind.
In diesen Fällen können über einen zentralen Venenkatheter die für eine erfolgreiche Therapie notwendigen Medikamente und Infusionslösungen dem Körper über eine große Vene direkt in die Blutbahn zugeführt werden.
WAS IST EIN ZVK?
Ein zentraler Venenkatheter (siehe Abb. 1-1) ist ein langer, dünner Kunststoffschlauch (Katheter), der über eine Vene, häufig die Vena subclavia (Schlüsselbeinvene) oder die Vena jugularis interna (Halsvene - Drosselvene), eingeführt und in die Vena cava superior (obere Hohlvene) bis kurz vor dem rechten Herzvorhof (zentralvenös – cavoatrialer Übergang) vorgeschoben wird. Typische Materialien für Katheter sind Polyurethan oder Silikon.
Abb. 1-1: Ein zentraler Venenkatheter (ZVK)
Abb. 1-2: Ein Portsystem, bestehend aus Portkammer und Katheter
LUMEN
Geeignete Katheter gibt es mit bis zu sechs Lumina, das heißt mit bis zu sechs parallel laufenden Kanälen. Über die einzelnen Kanäle können dann zum Beispiel parenterale (künstliche) Ernährung, kreislaufstabilisierende Stoffe wie Katecholamine und sonstige Medikamente gleichzeitig gegeben werden. Da am Ende des Katheters die Austrittstellen nicht auf gleicher Höhe liegen, werden die Medikamente in der Hohlvene sofort verdünnt, und das Risiko, dass verschiedene Medikamente sich vermischen und es zu unerwünschten Ereignissen kommt, sinkt dadurch.
Grundsätzlich erhöht sich allerdings mit einer größeren Anzahl Lumina das Infektionsrisiko, so dass die Anlage von Kathetern mit mehreren Lumina einer strengen Indikation unterliegt. In der langfristigen Behandlung, z.B. bei der parenteralen Ernährung, sollten möglichst nur einlumige Katheter eingesetzt werden.
INDIKATIONEN
Es gibt eine Reihe von Situationen, in denen ein zentraler Venenkatheter (ZVK) zum Einsatz kommen kann:
• Bei Kindern, die eine langfristige intravenöse Therapie benötigen, beispielsweise aufgrund einer chronischen Erkrankung oder zur Verabreichung von Medikamenten oder Flüssigkeiten über einen längeren Zeitraum, kann ein zentraler Venenkatheter eingesetzt werden. Dies ermöglicht einen im Vergleich zur wiederholten Venenpunktion einfacheren und schonenderen Zugang zu den Venen. Zudem sind diese Zugänge sicher für das häusliche Umfeld.
• Bei sehr langfristigem Therapiebedarf (z.B. bei Chemotherapien) kann auch ein implantiertes Portsystem (siehe Abb. 1-2) zum Einsatz kommen, die besonders langlebig sind und die Belastung für die Kinder dadurch senken können.
• Bei der Gabe von Medikamenten, die nicht über periphere – d.h. oberflächlich verlaufende – Venen gegeben werden dürfen, z.B. während einer Chemotherapie bei Krebserkrankungen oder wenn eine kontinuierliche Infusion von kreislauf- und herzwirksamen Medikamenten nötig sein sollte.
• Wenn der zentrale Venendruck gemessen werden muss.
• Bei Massentransfusionen, d.h. beim Austausch des halben Blutvolumens (innerhalb von 3 Stunden) oder des kompletten Blutvolumens (innerhalb von 24 Stunden).
Da die Anlage eines ZVK aufwändig und infektionsanfällig ist, wird vorher genau geprüft, ob sie unbedingt notwendig ist. Unabhängig davon, welche Art ZVK Ihr Kind bekommt, muss dauerhaft sichergestellt werden, dass der Katheter immer einwandfrei funktioniert und dass die Eintrittstelle sich nicht entzündet.
Dieser Ratgeber informiert über den zentralen Venenkatheter (ZVK), die damit verbundenen Pflegevorgänge sowie Hilfestellung bei eventuellen Komplikationen.