Perkutane Sonden
Wenn es absehbar ist, dass ein Kind für längere Zeit enteral ernährt werden muss, wird meistens eine perkutane Ernährungssonde gelegt. Hierzu wird eine kleine Öffnung in der Bauchdecke des Kindes geschaffen, in die eine Ernährungssonde eingesetzt wird.
PEG-Sonden
Perkutane Ernährungssonden kommen für alle Sondenlagen und eine Vielzahl spezifischer Diagnosen zum Einsatz. Die weitaus häufigste Form ist die perkutane endoskopisch kontrollierte Gastrostomie, die sogenannte PEG-Sonde. Hierbei wird durch die Haut der Bauchdecke (perkutan) unter Zuhilfenahme eines Endoskops (endoskopisch kontrolliert) ein Zugang von außen in den Magen (Gastrostoma) geschaffen. Eine PEG-Sonde ist also eine perkutane Ernährungssonde in gastraler Lage.
Beschreibung
Die Sonde besteht aus einem ca. 20-30 cm langen Kunststoffschlauch, der im Magen des Kindes mit einer flachen Silikonscheibe von ca. 2,5 cm Durchmesser verankert wird. Diese innere Rückhalteplatte liegt an der inneren Magenwand an und verhindert, dass die Sonde aus der Öffnung (Gastrostoma)herausrutschen kann. Der korrekte Sitz der Sonde wird von außen durch eine weitere, in diesem Falle verschiebbare, Halteplatte am Bauch des Kindes gewährleistet, und wird mit einer Schlitzkompresse unterlegt. Zu guter Letzt wird meist der gesamte Bereich um die Eintrittsstelle zur Sicherung mit einem großen Pflaster abgeklebt. Wie alle Ernährungssonden besitzen auch PEG-Sonden an ihrem äußeren Ende einen verschließbaren Ansatz zum Anschluss von Spritzen oder Pumpen. Zwischen diesem Ansatz und der äußeren Halteplatte befindet sich eine kleine Schlauchklemme, die im geschlossenem Zustand verhindert, dass Mageninhalt aus der Sonde hinausfließt, wenn zum Anschluss von Spritzen oder Pumpen der Deckel des Ansatzes geöffnet wird.
Anlage einer PEG-Sonde
Die Anlage einer PEG-Sonde erfolgt im Rahmen eines relativ kleinen und unkomplizierten Eingriffs. Bei Kindern wird unter Narkose zunächst ein Endoskop über Mund, Rachen und Speiseröhre in den Magen eingeführt und der Magen mit Luft gefüllt. Die Lampe des Endoskops im Magen kann nun durch die Bauchdecke hindurch von außen gesehen werden. Wenn von außen mit einem Finger die Bauchdecke leicht eingedrückt wird, ist diese Eindruckstelle im Magen über das Endoskop sichtbar. So kann die geeignete Stelle für die Punktion der Bauchdecke festgelegt werden.
Nun wird an dieser Stelle ein wenige Millimeter kleiner Schnitt in die Bauchdecke gemacht. Bauchdecke und Magenwand werden dort mit einer Kanüle (hohle Nadel) punktiert. Durch diese Kanüle wird ein Faden in den Magen eingeführt, der dann mit einer kleinen Zange am Endoskop gegriffen und über Speiseröhre, Rachen und Mund herausgezogen wird.
Anschließend wird die PEG-Sonde am durch den Mund des Kindes herausgezogenen Ende des Fadens befestigt. Jetzt kann durch Zug am unteren Teil des Fadens, der durch das Gastrostoma aus dem Bauch des Kindes herausragt, die PEG-Sonde in den Magen des Kindes und durch das Gastrostoma nach außen gezogen werden, bis die innere Halteplatte an der Mageninnenwand anliegt. Schließlich wird die Sonde durch die äußere Halteplatte am Bauch des Kindes fixiert und die Eintrittsstelle verbunden.
Abb. 4-1: Das innere Ende einer perkutaner Ernährungssonde
Direkt nach der Neuanlage der PEG-Sonde sollte für die ersten 2-4 Tage, zumindest aber bis zum ersten Verbandswechsel, ein leichter Zug zwischen innerer und äußerer Halteplatte bestehen. Hierbei liegen die Flügel der äußeren Halteplatte flach und stehen nicht unter Spannung. Ab dem ersten Verbandswechsel sollten dann gut 5 - 10 mm Spielraum gelassen werden um Durchblutungsstörungen, Entzündungen und vor allem das »Buried-Bumper-Syndrom« (Einwachsen der Halteplatte in die Magenschleimhaut) zu verhindern.
In Deutschland hat sich die Anlage einer PEG-Sonde zu einem meist komplikationsfreien Routineeingriff entwickelt, der jedes Jahr bei sehr vielen Kindern erfolgreich durchgeführt wird. In sehr seltenen Fällen, bei denen dieses endoskopisch kontrollierte und daher für das Kind schonende Verfahren nicht möglich ist (z.B. wenn sich der Magen des Kindes nicht an der üblichen Stelle befindet), kann die gastrale Lage bei einer perkutanen Sonde nur im Rahmen einer chirurgischen Gastrostomie erzielt werden. Hierbei wird während einer offenen Bauchoperation ein Gastrostoma angelegt und die Ernährungssonde direkt von außen in den Magen des Kindes gelegt.
Abb. 4-2: Diagramm einer PEG-Sonde
PEJ-Sonden
Falls bei einer perkutanen Sonde statt der gastralen Lage eine Dünndarmlage angestrebt wird, ist die naheliegendste Form die perkutane endoskopisch kontrollierte Jejunostomie, die sogenannte PEJ-Sonde, die in Funktion und Anlagetechnik weitgehend einer PEG-Sonde entspricht. Der Eintritt erfolgt hierbei jedoch nicht durch die Bauchdecke in den Magen, sondern direkt in den oberen Dünndarm (Jejunum) und wird als Jejunostoma bezeichnet.
Da auch PEJ-Sonden eine innere Rückhalteplatte haben, mit der sie fest an der Eintrittsstelle fixiert werden, sind sie anderen Formen von Dünndarmsonden im Prinzip überlegen, da sie weder abknicken noch in den Magen zurückrutschen können. Leider ist die Verwendung von PEJ-Sonden im Allgemeinen nur bei Erwachsenen möglich, da der Durchmesser des Dünndarms bei Kindern für eine solche Anlage meist zu klein ist. Aus diesem Grunde kann im Bedarfsfall alternativ eine FKJ Sonde (Feinnadel–Katheter–Jejunostomie) chirurgisch angelegt werden.
JET - PEG - Sonden
Sehr häufig kommt eine sogenannte JETPEG-Sonde (Jejunal tube through PEG, auch als PEG/J bezeichnet) zum Einsatz. Eine JET-PEG-Sonde besteht im Wesentlichen aus zwei Komponenten: einer ganz normalen PEG-Sonde von etwas größerem Durchmesser, sowie einer dünneren und gleichzeitig längeren Dünndarmsonde, dem sogenannten Intestinalschenkel, der durch die PEG-Sonde hindurch bis in den Dünndarm vorgeschoben wird. Auf der Außenseite befindet sich ein spezieller Y-Ansatz mit einem gastralen und einem intestinalen Zugang.
Abb. 4-3: Diagramm einer PEJ-Sonde
Anlage einer JET - PEG - Sonde
Die Anlage einer JET-PEG-Sonde beginnt zunächst mit der normalen endoskopisch kontrollierten Anlage der PEG-Sonde. So-bald die PEG-Sonde im Gastrostoma gesichert ist, wird der Intestinalschenkel von außen durch die PEG-Sonde eingeführt, im Magen mit einer kleinen Zange am Endoskop gegriffen und über den Magenausgang (Pylorus) in den oberen Dünndarm (Jejunum) vorgeschoben. Gelingt dieses aus technischen Gründen nicht, kann manchmal nur eine duodenale Lage der Sonde im Zwölffingerdarm direkt hinter dem Magenausgang erreicht werden.
Der Intestinalschenkel einer JET-PEG-Sonde ist sehr weich und flexibel, da er sich bei der Anlage der natürlichen Krümmung des Dünndarms anpassen muss. Darüber hinaus ist die Spitze nicht fest im Körper des Kindes fixiert, sodass es wahrscheinlich ist, dass sich ihre Position im Laufe der Zeit leicht verändert. Die jejunale Lage kann derartige Lageveränderungen besser kompensieren, ohne die enterale Ernährung JET-PEG-Sonden des Kindes durch ein Zurückrutschen der Sondenspitze in den Magen zu gefährden.
Einsatzvarianten
Eine JET-PEG-Sonde kann auch dann zum Einsatz kommen, wenn sich bei einem Kind mit vorhandener PEG-Anlage nachträglich herausstellt, dass die Ernährung über die gastrale Lage nicht mehr zufriedenstellend bewerkstelligt werden kann und daher eine Dünndarmlage notwendig wird. In diesem Fall wird die JET-PEG-Sonde bei der Anlage in das bestehende Gastrostoma eingesetzt und der Intestinalschenkel in den Dünndarm vorgeschoben.
Während Nahrung auf diese Weise direkt in die gewünschte Lage im Dünndarm abgegeben werden kann, steht die gastrale Lage auch weiterhin zur Gabe von Medikamenten und zur Entlüftung des Magens zur Verfügung.
Abb. 4-4: Diagramm einer JET-PEG-Sonde
FKJ-Sonden
Falls der Einsatz einer PEJ- oder JET-PEG-Sonde nicht möglich sein sollte, z.B. weil der Intestinalschenkel sich aus anatomischen oder anderen Gründen nicht in den Dünndarm vorschieben lässt, bleibt als letzte Option zur Erlangung der gewünschten Dünndarmlage die Anlage einer FeinnadelKatheter-Jejunostomie (FKJ). Hierbei wird im Rahmen einer Bauch-Operation eine Dünndarmschlinge von innen an der Bauchdecke fixiert. Dünndarmwand und Bauchdecke werden dann von außen punktiert und die Sonde durch diese Öffnung geschoben. Schließlich wird die äußere Halteplatte der Sonde von außen am Bauch des Kindes mit Nähten befestigt. Häufig haben Kinder mit einer FKJ gleichzeitig auch eine PEG-Sonde, um sowohl die Gabe von Medikamenten als auch eine Entlüftung des Magens zu ermöglichen.
Vor-und Nachteile von perkutane Sonden
Der wesentliche Vorzug perkutaner Son-den ist, dass sie von außen nicht sichtbar sind und daher das Kind von dem Stigma eines aus der Nase herausragenden Schlauchs befreien. Des Weiteren stellen sie keine Belastung für Nase, Rachen, Speiseröhre und Mageneingang dar, sodass Kinder mit Sonden in gastraler Lage, die noch teilweise selber essen können, beim Schluckvorgang nicht durch die Sonde behindert werden. Perkutane Sonden reduzieren die Gefahr von Reflux und Aspiration, vermeiden Schleimhautreizungen, erschweren ungewollte Lageveränderungen der Sonde und ermöglichen die enterale Ernährung bei Kindern, die die Anlage transnasaler Sonden nicht tolerieren.
Auf der anderen Seite bedeutet die Anlage einer perkutanen Sonde in jedem Fall das Schaffen einer künstlichen Körperöffnung, die Probleme mit sich bringen kann, wie z.B. Entzündungen oder der Bildung von Granulationsgewebe am Stoma. Im Gegensatz zu transnasalen Sonden kann sowohl die erste Anlage als auch ein Wechsel einer perkutanen Sonde nur unter Narkose vorgenommen werden. Auch besteht die Gefahr, dass durch Materialermüdung oder Fehlfunktionen der Sonde eine Neuanlage nötig werden kann.
Aufgrund der im Vergleich zu transnasalen Sonden deutlich aufwendigeren Anlagetechnik sind alle Formen perkutaner Ernährungssonden für den Langzeitgebrauch konzipiert, je nach Typ und Hersteller zwischen ein und drei Jahren. In der Praxis ist es jedoch so, dass eine perkutane Sonde häufig erst dann gewechselt wird, wenn ein zwingender Grund vorliegt, wie z.B. eine kritische Veränderung der Sondenlage, Materialermüdung, Verstopfung der Sonde oder ein Umstieg auf einen anderen Sondentyp. Eine derartige Situation kann theoretisch jederzeit, d.h. sowohl früher als auch später als vom Hersteller empfohlen, eintreten.
In jedem Fall bedeutet der Wechsel einer perkutanen Ernährungssonde einen erneuten Eingriff unter Vollnarkose in der Klinik.