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PFLEGERATGEBER ENTERALE ERNÄHRUNG

EINFÜHRUNG​

Dieser Pflegeratgeber richtet sich im Einklang mit den Zielen der Stiftung NOAH speziell an die Eltern und Betreuer tracheotomierter Kinder. Obwohl der Großteil der hierin enthaltenen Informationen für Tracheotomiepatienten aller Altersgruppen relevant sein dürfte, gibt es durchaus Differenzen zwischen Kinder- und Erwachsenenpflege. Pfleger erwachsener Patienten sollten daher unbedingt auch alternative Informationsquellen zu Rate ziehen, um festzustellen, ob ihnen gegebenenfalls weitere Optionen offen stehen.

Der Ratgeber ist nach Rücksprache mit einer Vielzahl von qualifizierten Fachleuten erstellt worden. Es ist jedoch leider nicht auszuschließen, dass sich Fehler eingeschlichen haben könnten oder die hierin empfohlenen Behandlungen für Ihr Kind nicht geeignet sind. Sie sollten daher bei therapeutischen Entscheidungen im Interesse Ihres Kindes unbedingt Ihren behandelnden Arzt oder eine andere qualifizierte Fachkraft konsultieren.

HINTERGRUND

 

Es gibt Kinder, die aufgrund von Erkrankungen oder Verletzungen nicht in der Lage sind Nahrung auf normalem Weg über den Mund aufzunehmen. Eine solche Störung der Fähigkeit Nahrung zu sich zu nehmen kann physiologische, neurologische oder psychologische Ursachen haben und sowohl vorübergehend als auch bleibend sein. Manche Kinder können überhaupt nicht mehr essen, andere nicht in ausreichendem Maße. Um diese Kinder auch weiterhin mit den von ihnen benötigten Nährstoffen versorgen zu können, wird oft eine Ernährungssonde gelegt.

 

Eine Ernährungssonde ist im Prinzip ein dünner Schlauch, der abhängig vom Gesundheitszustand und den Bedürfnissen des Kindes entweder über die Nase oder durch die Bauchdecke in den Magen oder in den Dünndarm gelegt wird. Auf diese Weise ist es möglich, flüssige Sondennahrung sowie Medikamente unter Umgehung des Mund- und Rachenraums und ohne das Vorhandensein eines intakten Schluckreflexes direkt in den Magen oder den Dünndarm des Kindes zu geben.

 

Am äußeren Ende der Sonde befindet sich ein kleiner Ansatz, an den eine Nahrungsspritze oder -pumpe angeschlossen werden kann. Das innere Ende der Sonde hingegen, die sogenannte Spitze, ist mit einer oder mehreren kleinen Öffnungen versehen, wodurch die Nahrung in den Verdauungstrakt gelangen kann.

 

DER NEUE ALLTAG

Wie wird das Leben meines Kindes sich ändern, jetzt wo es über eine Magensonde ernährt wird? Diese Frage stellen sich wahrscheinlich alle Eltern, die am Anfang dieser neuen Reise stehen. Dieses Buch wird Ihnen dabei helfen, diese Frage, und auch andere Fragen, die Sie vielleicht haben, zu beantworten.

 

Viele Eltern wehren sich gegen den Gedanken, dass Ihr Kind eine Magensonde haben soll: Sie erleben aber sehr schnell, dass es für alle Beteiligten, vor allem aber für das Kind, eine enorme Entlastung ist. Vorbei sind die Zeiten, in denen Sie Stunden damit verbringen mussten, Ihrem Kind ausreichend Nahrung für eine gesunde Entwicklung zu füttern. Auch das Verabreichen von oft lebensnotwendigen Medikamenten wird jetzt sehr viel leichter sein.

 

Am Anfang werden Sie sich bestimmt noch ein wenig unsicher fühlen, was die Pflege und die Sondierung von Nahrung angeht, aber es wird nicht lange dauern, bis Sie routiniert und die anfänglichen Ängste überwunden sind. Dieser Prozess fängt schon im Krankenhaus an, bevor Ihr Kind entlassen wird. Ärzte und Pflegekräfte nehmen sich viel Zeit und führen sie Schritt für Schritt an die Versorgung heran.

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Abb. 1-1: Ein Junge mit einer mobilen Ernährungspumpe im Rucksack

WAS MÜSSEN SIE LERNEN?

• Die Stelle, an der die Sonde aus dem Körper Ihres Kindes tritt, braucht tägliche Zuwendung (vor allem bei perkutanen Sonden, z.B. PEG)

 

• Eine sehr wichtige Aufgabe besteht darin, sicherzustellen, dass der Schlauch der Sonde vor neugierigen Händen geschützt ist. Zu jeder Zeit muss ein Herausziehen der Sonde, entweder von Ihrem Kind selbst oder von anderen Kindern, verhindert werden, z.B. wenn Ihr Kind im Kindergarten oder auf dem Spielplatz ist

• Alle Mahlzeiten (oder Teile davon, falls Ihr Kind eine begrenzte Menge eigenständig zu sich nehmen kann) werden ab jetzt über die Sonde in Form von Sondennahrung verabreicht

• Ihr Kind bekommt ggf. Medikamente über die Sonde verabreicht, sofern die Medikamente zur Gabe über eine Sonde geeignet sind

• Sie müssen sich mit der Pflege und Instandhaltung von Utensilien und Nahrungspumpen (falls vorhanden) vertraut machen.

• Gegebenenfalls braucht Ihr Kind orale Stimulation

• Außerdem werden Sie lernen, wie Sie Probleme identifizieren und was Sie tun können, um sie zu lösen.

 

Diese Liste wird selbstverständlich von den Ärzten und den Pflegekräften Ihres Kindes für Sie und Ihre Familie individuell zusammengestellt werden.

 

WAS BENÖTIGEN SIE ZUHAUSE?

Sie werden höchstwahrscheinlich eine Vielzahl magensondenrelevanter Vorräte benötigen. Durch die folgende Liste können Sie ein Gefühl dafür bekommen, welche Dinge das sind. Die Ärzte und Pflegekräfte Ihres Kindes werden Ihnen natürlich gerne dabei behilflich sein, die passende Liste zusammenzustellen. Sie bekommen die notwendigen Materialien über Rezepte aus der Apotheke und/oder aus dem Sanitätshaus.

• Rund um die Ernährung Ihres Kindes: Sondennahrung, Spritzen, Pumpen, Behälter zum Umfüllen des Essens und kleine Becher zum Spülen der Sonde mit Wasser

• Rund um die Pflege der Sonde: Pflaster, Verbandsets, Schere, Desinfektionsmittel, Austauschsonden/Buttons (falls Ihr Kind eine solche Sonde trägt)

• Pflege- und Nahrungsplan

 

Die Tasche für Unterwegs

 

Grundsätzlich gilt Folgendes: Wenn Sie das Haus verlassen, werden Sie, wie die meisten Eltern auch, eine Tasche mit Sachen für unterwegs mitnehmen. Nur wird der Inhalt Ihrer Tasche ein bisschen anders aussehen.

 

Idealerweise haben Sie eine »Ausgehtasche«, die immer bereitsteht und die einmal pro Woche, bei Bedarf natürlich auch öfter, neu gepackt wird. So müssen Sie nicht jedes Mal, wenn Sie das Haus verlassen, alles neu zusammen suchen und Sie wissen, dass die Tasche immer alles beinhaltet, was Sie brauchen, wenn Sie mit Ihrem Kind das Haus verlassen wollen. 

WAS GEHÖRT IN DIE TASCHE?

Für alle Sondenarten:

• Liste mit wichtigen Telefonnummern (behandelnder Arzt, Klinik etc.)

• Kurze Beschreibung des Gesundheitszustandes Ihres Kindes und worauf besonders geachtet werden muss für den Fall, dass Sie nicht selbst in der Lage sein sollten, den Sachverhalt an jemand anderen weiterzugeben

• Sondennahrung

• Spritzen zum Sondieren bzw. Nahrungspumpe, EasyBag o.ä.

• Abgekochtes Wasser zum Nachspülen

• Desinfektionsmittel für Ihre Hände

Für PEG-Sonden:

• Ein Absaugkatheter/Blasenkatheter o.ä. (CH 10-12), falls die PEG herausrutschen sollte. Der Katheter kann im Krisenfall in das Stoma eingeführt werden, um die Öffnung bis zum Eintreffen in der Klinik offen zu halten

• Hilfsmittel zum Verbandswechsel, z.B. Schere, Pflaster etc. Die Tasche für Unterwegs verlassen, alles neu zusammen suchen und Sie wissen, dass die Tasche immer alles beinhaltet, was Sie brauchen, wenn Sie mit Ihrem Kind das Haus verlassen wollen.

 

Für Nasensonden:

• Eine Ersatzsonde

• Gleitmittel

• Zugeschnittene Pflaster zur Fixierung der Nasensonde

 

Für Buttons oder Austauschsonden:

• Ungebrauchte Buttons/Austauschsonden-Sets, je nachdem, welche Sondenart Ihr Kind benötigt

• Alle benötigten Verbindungsschläuche

• Steriles Wasser zum Blocken des Ballons

• Ein Absaugkatheter/Blasenkatheter o.ä. (CH 10-12), falls es nicht möglich sein sollte den neuen Button oder die Austauschsonde in das Stoma einzuführen. Der Katheter kann im Krisenfall in das Stoma eingeführt werden, um die Öffnung bis zum Eintreffen in der Klinik offen zu halten

• Hilfsmittel zum Verbandswechsel, z.B. Schere, Pflaster etc.

LÄNGERE REISEN

Bei Flugreisen sollten für alle Fälle Vorräte für zwei Tage im Handgepäck mitgenommen werden. Der Rest kann eingecheckt werden. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, um eine Checkliste für die Reise zu erstellen. 

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Abb. 1-2: Ein Mädchen mit einem Button, angeschlossen an einer Ernährungspumpe

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